Der Seitenstreifen ist den meisten Verkehrsteilnehmenden ein Begriff. Die Vorschriften, die dort gelten, sind weniger geläufig. Der Streifen am Rand der Fahrbahn dient unter anderem als Ausweichmöglichkeit bei Pannen und darf in der Regel nicht befahren werden. Ein Verstoß kann teuer werden.
Der Seitenstreifen hat eine Sicherheitsfunktion
Vielen Autofahrenden kommt die Situation bekannt vor: Kilometerlanger Stau und die Abfahrt ist schon in Sicht. Die Verlockung liegt nahe, auf den Seitenstreifen zu wechseln und am Stau vorbeizuziehen – aber ist das überhaupt erlaubt? „Nein. Wer den Seitenstreifen nutzt, um bei Stau schnell den nächsten Rastplatz oder die nächste Autobahnausfahrt zu erreichen, riskiert 75 Euro Bußgeld und einen Punkt im Flensburger Verkehrsregister“, warnt Alexander Schnaars vom ADAC. Der Seitenstreifen ist der Teil der Straße, der sich rechts neben der Fahrbahn befindet. Er ist mit einem durchgezogenen Breitstrich von der Fahrbahn abgetrennt und laut Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht Bestandteil der Fahrbahn. Vielmehr hat er eine Sicherheitsfunktion und dient dazu, ein Fahrzeug bei einem Notfall oder einer Panne sicher abzustellen.
In allen anderen Fällen ist es verboten, auf dem Seitenstreifen anzuhalten. Auch das Überholen bei Stau ist tabu. Zum Bilden einer Rettungsgasse ist er ebenfalls nicht freigegeben – außer, es gibt keine andere Möglichkeit oder die Polizei lenkt Autofahrende gezielt auf den Seitenstreifen.
Richtiges Verhalten bei einer Panne
Hat ein Fahrzeug einen Defekt, darf der Seitenstreifen zum sicheren Abstellen des Fahrzeugs genutzt werden. Denn meist ist es nicht möglich, einen Parkplatz oder eine Nothaltebucht aufzusuchen. Die Warnblinkanlage ist in solchen Ausnahmesituationen sofort einzuschalten. So können andere Verkehrsteilnehmende auf die Panne aufmerksam gemacht werden. „Sobald das Fahrzeug auf dem Seitenstreifen zum Stehen gekommen ist, sollten die Räder nach rechts ausgerichtet werden“, erklärt Schnaars vom ADAC. Das verhindert ein mögliches Zurückrollen auf die Fahrbahn.
Im Falle einer Panne sollten alle Insassen das Fahrzeug über die Beifahrerseite verlassen und eine Warnweste tragen. In jedem Fahrzeug muss – unabhängig von der Zahl der Mitfahrenden – eine Warnweste vorhanden sein. Ratsam ist allerdings, eine Warnweste pro Insasse mitzuführen. Jedes Fahrzeug muss zudem ein Warndreieck im Gepäck haben. Es wird entgegen der Fahrtrichtung aufgestellt und weist herannahende Verkehrsteilnehmende auf die Gefahr hin. Die Strecke bis dorthin und zurück wird hinter der Schutzplanke zurückgelegt. Bei schnellem Verkehr schreibt die StVO vor, das Warndreieck etwa 100 Meter vor der Gefahrenstelle zu positionieren. Der TÜV empfiehlt auf Autobahnen eine Entfernung von 150 bis 400 Meter. Ist das Pannenfahrzeug mit dem Warndreieck als Hindernis kenntlich gemacht, kann Hilfe gerufen werden.
In den fließenden Verkehr einfädeln
Beim Einordnen nach einer Panne in den fließenden Verkehr hat dieser laut StVO Vorrang. Verkehrsteilnehmende müssen auf dem Seitenstreifen so lange warten, bis sie gefahrlos auf die Fahrbahn wechseln können. Das heißt: Blinker setzen, beschleunigen, den vorbeifahrenden Verkehr über den Rück- und Seitenspiegel beobachten und erst dann die Spur wechseln, wenn ausreichend Sicherheitsabstand gegeben ist. Gegen die Erwartung vieler Verkehrsteilnehmenden gilt beim Auffahren auf die Autobahn nicht das Prinzip des Reißverschlussverfahrens. Dieses greift nur, wenn mehrere Fahrspuren zusammengeführt werden, zum Beispiel vor einer Baustelle.
Seitenstreifen auf anderen Straßen
Auf den Seitenstreifen von Bundes-, Land- und Nebenstraßen gilt grundsätzlich dasselbe wie auf der Autobahn, jedoch mit einer Ausnahme. Die Überholvorschrift der StVO besagt: Wer ein langsameres Fahrzeug führt, zum Beispiel eine Landmaschine, muss die Geschwindigkeit reduzieren und notfalls warten, wenn nur so mehrere unmittelbar folgende Fahrzeuge überholen können. Hierfür kann, wenn erforderlich, auf Bundes- und Landesstraßen auch der Seitenstreifen genutzt werden. Das gilt jedoch nicht auf Autobahnen.
Nur in Ausnahmefällen wird der Seitenstreifen freigegeben
Gemäß der Straßenverkehrsordnung (StVO) darf der Seitenstreifen auf der Autobahn nicht befahren werden. In wenigen Ausnahmen wird er durch ein Verkehrszeichen freigegeben, zum Beispiel wenn ein Autobahnabschnitt durch sehr hohes Fahrzeugaufkommen besonders ausgelastet ist und der Verkehrsfluss durch eine zusätzliche Spur verbessert werden kann. Gelegentlich wird der Seitenstreifen auch als Ersatzfahrstreifen in Baustellenbereichen markiert. Dies wird durch die Zeichen 223.1 und 223.2 geregelt.
Bußgelder für das Befahren des Seitenstreifens
Ein Verstoß gegen die Vorschriften kann teuer werden. Wird der Seitenstreifen verbotswidrig befahren, ist eine Strafe von mindestens 55 Euro fällig. Wer ihn zum schnelleren Vorankommen nutzt, riskiert 75 Euro Bußgeld und einen Punkt. Der Betrag erhöht sich auf 90 Euro, wenn dabei andere Verkehrsteilnehmende gefährdet werden. Entsteht ein Unfall, drohen 110 Euro und ein Punkt in Flensburg. Noch teurer wird es beim Wenden oder Rückwärtsfahren. Hier werden Bußgelder zwischen 130 und 195 Euro samt Punkt erhoben.
Bilder: DVR, Shutterstock