Fehler beim Abbiegen

Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren sind die Hauptursache bei Unfällen mit Personenschaden.

27. Juli 2023

289.672 Verkehrsunfälle mit Personenschaden ereigneten sich 2022 in Deutschland. Häufigstes Fehlverhalten der Unfallbeteiligten war fehlerhaftes Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren sowie Ein- und Anfahren (52.901 Fälle). Dabei starben 254 Menschen. Rund 87 Prozent dieser Unfälle ereigneten sich innerorts. Das geht aus den Unfallzahlen des Statistischen Bundesamtes hervor.

Unterlassenes Blinken, fehlender Schulterblick

Während die Zahl der Verkehrstoten 2022 um etwa 8,8 Prozent auf insgesamt 2.788 Personen stieg, hat sich die Zahl der polizeilich erfassten Verkehrsunfälle ebenfalls auf insgesamt 2.406.465 erhöht – ein Plus von 4 Prozent gegenüber 2021. Für die weiterhin hohe Zahl an Unfällen und Getöteten machen Unfallforschende mehrere Ursachen verantwortlich: Viele Verkehrsteilnehmende sind im Straßenverkehr abgelenkt, oft durch das Nutzen eines Smartphones. Trotz Verbots benutzen zahlreiche Autofahrende ihr Handy ohne Freisprechanlage. Außerdem missachten viele Fahrerinnen und Fahrer grundlegende Regeln: So unterlassen sie beim Abbiegen den vorgeschriebenen Schulterblick. Das kann gerade in unübersichtlichen Verkehrssituationen fatale Folgen haben: Parkende Pkw und eine wachsende Zahl von Lieferfahrzeugen schränken innerorts vor allem an Kreuzungen und Einmündungen die Sicht von zu Fuß Gehenden und Radfahrenden ein. Hinzu kommt, dass auch Fußgängerinnen und Fußgänger oft unaufmerksam sind.

Abbiegeunfälle mit ungeschützten Verkehrsteilnehmenden

Radfahrende und zu Fuß Gehende sind besonders durch Abbiegeunfälle gefährdet, da sie sich weitestgehend ungeschützt im Verkehr bewegen. Insgesamt starben 35 Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer im Jahr 2022 bei Abbiegefehlern nach rechts, 117 Personen kamen aufgrund von Abbiegefehlern nach links ums Leben.

Keine Altersgruppe sticht heraus

Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren: Verfehlungen dieser Art registrierte die Polizei 52.901 Mal bei Unfällen mit Personenschaden. Von diesen Fehlern gingen 8.693 auf das Konto der 55- bis 64-jährigen Fahrenden. An zweiter Stelle stehen die 25-34-Jährigen (8.508), gefolgt von den 45–54-Jährigen (8.017). Größere Unterschiede gibt es bei der Art der Verkehrsbeteiligung: So listet die Statistik bei Pkw-Fahrenden die meisten Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren (41.414). 5.336 Fehler dieser Art hat die Polizei bei Radfahrenden registriert, 3.198 bei Fahrenden von Güterkraftfahrzeugen.

Die drei häufigsten Fehler in dieser Kategorie waren 2022 bei Unfällen mit Personenschaden über alle Altersgruppen und Verkehrsmittel hinweg:

  • Abbiegen nach links (19.954)
  • Fehler beim Einfahren in den fließenden Verkehr (14.187)
  • Abbiegen nach rechts (10.251)

So vermeiden Auto- und Lkw-Fahrende Abbiegeunfälle

  • Wenden Sie als Autofahrerin oder Autofahrer beim Rechtsabbiegen stets den Schulterblick an. Achten Sie dabei auf zu Fuß Gehende sowie von hinten herannahende Radfahrende. Setzen Sie rechtzeitig vor dem Abbiegen den Blinker, damit hinter Ihnen fahrende Verkehrsteilnehmende bremsbereit sind. Denken Sie auch an abknickenden Vorfahrtstraßen und bei der Ausfahrt aus einem Kreisverkehr stets ans Blinken.
  • Bleiben Sie beim Abbiegen bremsbereit und rechnen Sie jederzeit mit herannahenden Radfahrenden und zu Fuß Gehenden.
  • Schauen Sie als Lkw-Fahrerin oder Lkw-Fahrer vor jedem Abbiegen in alle Spiegel. Nehmen Sie beim Abbiegen an Kreuzungen Blickkontakt mit zu Fuß Gehenden und Radfahrenden auf. Ein elektronischer Abbiegeassistent kann Unfälle vermeiden, verlassen Sie sich aber niemals ausschließlich auf die Technik.
  • Fahrzeuge, die über 3,5 Tonnen wiegen, dürfen nur in Schrittgeschwindigkeit rechts abbiegen. Bei Missachtung droht ein Bußgeld in Höhe von 70 Euro und ein Punkt im Fahreignungsregister.
  • Vermeiden Sie das Wenden über mehrere Fahrspuren hinweg. Hierbei kommt es immer wieder zu Unfällen mit dem Gegenverkehr oder mit anderen geradeaus fahrenden Fahrzeugen.
  • Konzentrieren Sie sich auf den Verkehr. Der Griff zum Smartphone ist am Steuer verboten.

So vermeiden Radfahrende und zu Fuß Gehende Abbiegeunfälle

  • Autofahrende und besonders Führende von Güterkraftwagen haben nur einen sehr eingeschränkten Rundumblick. Deshalb sollten Sie als Radfahrerin oder Radfahrer vermeiden, sich im toten Winkel aufzuhalten bzw. im Zweifel auf die Vorfahrt verzichten. Sie sollten defensiv agieren und erst an Fahrzeugen rechts vorbei fahren, wenn Sie – möglichst durch Blickkontakt – sichergestellt haben, dass Sie wahrgenommen wurden. Das gilt auch für Fußgängerinnen und Fußgänger.
  • Benutzen Sie den Radweg und fahren Sie in der vorgegebenen Richtung. Autofahrende rechnen selten mit entgegenkommenden Radfahrenden auf ihrer Seite.
  • Bei Dunkelheit und schlechter Sicht hilft Ihnen als Radfahrerin bzw. Radfahrer oder als Fußgängerin bzw. Fußgänger Kleidung oder Zubehör mit reflektierenden und fluoreszierenden Materialien. 
  • Auch als Radfahrerin bzw. Radfahrer oder Fußgängerin bzw. Fußgänger gilt: volle Konzentration auf den Verkehr. Lassen Sie Ihr Smartphone in der Tasche.

So werden Unfalldaten erhoben

Die Polizei trägt die Ursachen eines Verkehrsunfalls in ein sogenanntes Erhebungspapier ein. Dabei greift sie auf ein seit 1975 geltendes Ursachenverzeichnis zurück. Wichtig: Die Beamtinnen und Beamten können pro Unfall zwei allgemeine Ursachen angeben, beispielsweise Straßenverhältnisse, Witterungseinflüsse oder Hindernisse. Ebenso können sie der oder dem Hauptverursachenden und einer weiteren beteiligten Person jeweils bis zu drei personenbezogene Fehler zuschreiben. Dieses sogenannte personenbezogene Fehlverhalten umfasst beispielsweise das Missachten der Vorfahrt, Fahren mit unangepasster Geschwindigkeit und falsche Straßenbenutzung. Pro Unfall sind demnach bis zu acht Unfallursachen möglich. Das erklärt, warum die Statistik 2022 mehr personengebundene Verfehlungen von Beteiligten (354.075) als Unfälle mit Personenschaden (289.672) aufweist. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden erhält und erfasst alle Daten aus den Bundesländern und erstellt die bundesweite Verkehrs- und Unfallstatistik.

Begriffsdefinitionen

  • Unfälle mit Personenschaden sind Alleinunfälle oder Zusammenstöße, bei denen Personen verletzt oder getötet werden.
  • Schwerwiegende Unfälle mit Sachschaden sind Unfälle, bei denen als Unfallursache eine Ordnungswidrigkeit (Bußgeld) oder Straftat vorliegt und bei denen gleichzeitig ein Kraftfahrzeug aufgrund eines Unfallschadens von der Unfallstelle abgeschleppt werden muss. Das gilt z. B. auch für Fälle, bei denen die Fahrenden unter dem Einfluss berauschender Mittel stehen.
  • Verunglückte sind Personen (auch Mitfahrende), die bei einem Unfall verletzt oder getötet werden. Verunglückte werden auch als Verkehrsopfer oder Unfallopfer bezeichnet.
  • Getötete sind Personen, die innerhalb von 30 Tagen an den Folgen eines Unfalls sterben.
  • Schwerverletzte sind Personen, die unmittelbar für mindestens 24 Stunden zur stationären Behandlung in einem Krankenhaus aufgenommen werden.
  • Leichtverletzte sind Personen mit allen anderen Arten von körperlichen Schäden, die durch einen Unfall verursacht werden.
  • Beteiligte werden alle Fahrzeugführenden oder zu Fuß Gehenden genannt, die selbst (oder deren Fahrzeug) Schaden erlitten oder hervorgerufen haben. Verunglückte Mitfahrende zählen demnach nicht zu den Unfallbeteiligten.
  • Vorfahrtunfälle sind Unfälle, bei denen Fahrzeugführende anderen an sich kreuzenden Fahrbahnen oder Einmündungen die Vorfahrt nehmen.
  • Vorrangunfälle sind Unfälle, bei denen Fahrzeugführende den Vorrang von anderen Verkehrsteilnehmenden missachten, beispielsweise eine Pkw-Fahrerin oder ein Pkw-Fahrer den Vorrang eines Schienenfahrzeugs an einem Bahnübergang.

Weitere Informationen zum Thema Abbiegen gibt es auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) e.V. und der Deutschen Verkehrswacht.