Ablenkung am Steuer

Ablenkung am Steuer erhöht das Unfallrisiko um bis zu 89 Prozent.

31. Juli 2023

Schnell das Navi einstellen oder eine Nachricht beantworten: Viele Autofahrerinnen und Autofahrer lassen sich während der Fahrt ablenken. Doch das ist sehr fahrlässig. Denn wer sich am Steuer von moderner Technik ablenken lässt, erhöht sein Unfallrisiko durchschnittlich um 50 Prozent. Das zeigt eine Studie der Allianz aus dem Jahr 2023.

Riskante Blindfahrt

Viele glauben trotz Tippen, alles im Griff zu haben. Fast 43 Prozent schließen die Nutzung des Mobiltelefons während der Fahrt nicht aus. Doch schon eine Sekunde Ablenkung bei Tempo 100 bedeutet 28 Meter Blindfahrt.

Die Gefahr wird unterschätzt. Die Unfallzahlen des Statistischen Bundesamtes belegen, dass Ablenkung im Jahr 2022 in 7.358 Fällen zu einem Unfall mit Personenschaden führte. In 1.095 Fällen wurden dabei elektronische Geräte genutzt. Insgesamt wurden 102 Menschen bei Ablenkungsunfällen getötet.

Was laut Allianz-Studie am meisten ablenkt? Das eigene Smartphone, aber auch die in den Fahrzeugen eingebaute Technik wie Bordcomputer:

Ablenkung durch Bordcomputer

Wie die Grafik zeigt, bedienten im Jahr 2022 87 Prozent der Fahrenden ihr Autoradio während der Fahrt, im Jahr 2016 waren es noch 58 Prozent. Dies entspricht einer Zunahme von 29 Prozent. Das Autoradio im Bordcomputer wird also deutlich häufiger genutzt.

Wie die Studie außerdem ermittelt, steigt das Unfallrisiko mit der Nutzung technischer Geräte. So wurde errechnet, dass die Bedienung des Autoradios über den Bordcomputer das Unfallrisiko um 89 Prozent erhöht.

So steigert Ablenkung durch moderne Technik das Unfallrisiko

AblenkungRisikoerhöhung
Autoradio im Bordcomputer bedienen89 Prozent
Textnachrichten schreiben (handgehalten)61 Prozent
sonstige Funktionalitäten mobiler Geräte (handgehalten)58 Prozent
Textnachrichten lesen (handgehalten)56 Prozent
Textnachrichten schreiben („handfrei“)54 Prozent
Navigationssystem bedienen46 Prozent
Telefonieren (handgehalten)32 Prozent

Das Smartphone als gefährlicher Beifahrer bei jungen Menschen

Die Allianz-Studie zeigt auch, dass vor allem junge Fahrerinnen und Fahrer (18 bis 24 Jahre) anfällig für Ablenkung sind. 30 Prozent der Befragten gaben an, während der Fahrt mit dem Smartphone zu telefonieren (Durchschnitt aller Autofahrenden: 16 Prozent), 39 Prozent tippen sogar mit der Hand elektronische Textnachrichten. Interessant: Vor allem junge Fahrer sind deutlich stärker abgelenkt. Jeweils 19 Prozent geben an, während der Fahrt mit dem Handy in der Hand zu telefonieren oder SMS zu schreiben. Bei den jungen Fahrerinnen sind es nur 12 Prozent.

Nicht nur Ablenkung durch Tippen und Telefonieren sind problematisch. Nachrichten und Telefonate beeinflussen das Gemüt, sie können uns emotional aufwühlen, Trauer, Wut und Euphorie erzeugen. Das trägt zusätzlich zur Ablenkung bei.

Das können Sie gegen Ablenkung tun

  • Viele Ablenkungsunfälle werden durch scheinbar harmlose Handlungen ausgelöst. Dazu gehören zum Beispiel das Einstellen der Innen- und Außenspiegel sowie die richtige Sitzposition. All dies sollte vor Fahrtantritt erledigt werden. Gleiches gilt für das Anlegen des Sicherheitsgurtes.
  • Geben Sie vor Fahrtantritt Ihre Tagesroute mit allen Zwischenzielen in das Navigationssystem ein. Hinweis: Das Bedienen von Smartphones, Tablets und anderen tragbaren elektronischen Geräten während der Fahrt ist verboten, da es nachweislich vom Verkehrsgeschehen ablenkt.
  • Während der Fahrt keine heruntergefallenen Gegenstände aufheben.
  • Kuscheltiere und Trinkflaschen von Kindern sollten so verstaut werden, dass sie nicht im Auto herumfliegen können. Üben Sie spielerisch, das Kuscheltier anzuschnallen, damit ihr Kind schon früh die Sicherheitsregeln im Auto lernt.
  • Nehmen Sie sich die Zeit für eine Fahrpause, wenn Sie mit Ihrer oder Ihrem Beifahrenden wichtige Dinge besprechen möchten oder Anrufe erledigen wollen. Auch das Telefonieren mit Freisprechanlage lenkt ab. Das gilt besonders für emotionale Themen.
  • Schalten Sie Ihr Handy in den Flugmodus oder ganz aus, damit es Sie nicht ablenkt.
  • Bitten Sie gegebenenfalls Ihre Beifahrenden, Aktivitäten wie lautes Telefonieren zu unterlassen, die Sie vom Fahren ablenken könnten.

Digital Detox am Steuer

Dass Multitasking beim Autofahren möglich ist, ist jedoch ein gefährlicher Irrglaube. Die Initiative #mehrAchtung, ausgehend von der Verkehrssicherheitskampagne „Runter vom Gas“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) und des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) e.V., macht sich mit dem Kampagnenfilm „No Answer“ stark für achtsames Fahren. Die Botschaft dahinter: Es ist okay, mal nicht erreichbar zu sein.

Es gibt einen Ort, an dem das Handy keinen Platz haben sollte: am Steuer. Hier erfahren Sie mehr dazu.

Viele Menschen sind es mittlerweile gewohnt, schnell auf Nachrichten zu reagieren – beruflich wie privat. Länger nicht erreichbar zu sein, ist für sie undenkbar. Dabei rettet es Leben, das Smartphone während der Fahrt beiseitezulegen.

Autofahrerinnen und Autofahrer sollten sich am Steuer wirklich nur auf eines konzentrieren: das Fahren selbst. Dinge wie das Einstellen des Navigationsgerätes oder das Beantworten von Nachrichten sollten vor der Fahrt oder während einer Pause erledigt werden.

So werden Unfalldaten erhoben

Die Polizei trägt die Ursachen eines Verkehrsunfalls in ein sogenanntes Erhebungspapier ein. Dabei greift sie auf ein seit 1975 geltendes Ursachenverzeichnis zurück. Wichtig: Die Beamtinnen und Beamten können pro Unfall zwei allgemeine Ursachen angeben, beispielsweise Straßenverhältnisse, Witterungseinflüsse oder Hindernisse. Ebenso können sie der oder dem Hauptverursachenden und einer weiteren beteiligten Person jeweils bis zu drei personenbezogene Fehler zuschreiben. Dieses sogenannte personenbezogene Fehlverhalten umfasst beispielsweise das Missachten der Vorfahrt, Fahren mit unangepasster Geschwindigkeit und falsche Straßenbenutzung. Pro Unfall sind demnach bis zu acht Unfallursachen möglich. Das erklärt, warum die Statistik 2022 mehr personengebundene Verfehlungen von Beteiligten (354.075) als Unfälle mit Personenschaden (289.672) aufweist. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden erhält und erfasst alle Daten aus den Bundesländern und erstellt die bundesweite Verkehrs- und Unfallstatistik.

Begriffsdefinitionen

  • Unfälle mit Personenschaden sind Alleinunfälle oder Zusammenstöße, bei denen Personen verletzt oder getötet werden.
  • Schwerwiegende Unfälle mit Sachschaden sind Unfälle, bei denen als Unfallursache eine Ordnungswidrigkeit (Bußgeld) oder Straftat vorliegt und bei denen gleichzeitig ein Kraftfahrzeug aufgrund eines Unfallschadens von der Unfallstelle abgeschleppt werden muss. Das gilt z. B. auch für Fälle, bei denen die Fahrenden unter dem Einfluss berauschender Mittel stehen.
  • Verunglückte sind Personen (auch Mitfahrende), die bei einem Unfall verletzt oder getötet werden. Verunglückte werden auch als Verkehrsopfer oder Unfallopfer bezeichnet.
  • Getötete sind Personen, die innerhalb von 30 Tagen an den Folgen eines Unfalls sterben.
  • Schwerverletzte sind Personen, die unmittelbar für mindestens 24 Stunden zur stationären Behandlung in einem Krankenhaus aufgenommen werden.
  • Leichtverletzte sind Personen mit allen anderen Arten von körperlichen Schäden, die durch einen Unfall verursacht werden.
  • Beteiligte werden alle Fahrzeugführenden oder zu Fuß Gehenden genannt, die selbst (oder deren Fahrzeug) Schaden erlitten oder hervorgerufen haben. Verunglückte Mitfahrende zählen demnach nicht zu den Unfallbeteiligten.
  • Vorfahrtunfälle sind Unfälle, bei denen Fahrzeugführende anderen an sich kreuzenden Fahrbahnen oder Einmündungen die Vorfahrt nehmen.
  • Vorrangunfälle sind Unfälle, bei denen Fahrzeugführende den Vorrang von anderen Verkehrsteilnehmenden missachten, beispielsweise eine Pkw-Fahrerin oder ein Pkw-Fahrer den Vorrang eines Schienenfahrzeugs an einem Bahnübergang.

Weitere Informationen zum Thema Ablenkung im Straßenverkehr gibt es auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) e.V. und der Deutschen Verkehrswacht.