Wenn Wild wechselt

Knapp alle zwei Minuten kommt es zu einem Wildunfall. Was Auto- und Motorradfahrer jetzt beachten müssen.

08. November 2017
3 Minuten

In der Herbst- und Winterzeit steigt die Gefahr: Wildtiere kreuzen in der Dämmerung die Fahrbahn und werden zum unberechenbaren Hindernis für motorisierte Verkehrsteilnehmer. Folgende Tipps helfen, Unfälle mit Tieren zu vermeiden.

In der Dämmerung steigt das Risiko von Wildunfällen. Rehe oder Wildschweine werden dann aktiv und gehen auf Nahrungssuche. Vor allem im Herbst ist das ein Problem. Denn die Dämmerung setzt abends früher ein. Und zu dieser Zeit sind viele Pendler unterwegs. Auto-, Motorrad- und Lkw-Fahrer müssen dann besonders aufmerksam sein. In der Nähe von Waldgebieten oder entlang von Feldern sollten Verkehrsteilnehmer die Geschwindigkeit reduzieren und stets bremsbereit sein.

„Wenn Sie mit Tempo 60 auf einen Hirsch stoßen, dann ist das so, als würde sich ein fünf Tonnen schwerer Elefant auf die Motorhaube setzen“, sagt Torsten Reinwald vom Deutschen Jagdverband (DJV) in Berlin. Er rät auf der Landstraße die Fahrbahnränder im Auge zu behalten. Sollten Wildwechsel-Schilder fehlen, ist das kein Grund zur Entwarnung. Fahrer müssen immer mit Wildwechseln rechnen – auch dann, wenn sie nicht in unmittelbarer Nähe von Wäldern oder Feldern unterwegs sind.

Besonnen reagieren

Taucht ein Wildtier auf der Straße oder am Fahrbahnrand auf, bremsen Auto- und Motorradfahrer behutsam ab und blenden das Fernlicht ab. „Grelles Licht macht Tiere oft orientierungslos, sie rennen vor das Auto oder verharren reglos auf der Fahrbahn“, erläutert Reinwald. Außerdem betätigen Fahrer am besten die Hupe, um die Tiere zu verscheuchen. Rechnen müssen Autofahrer immer mit Nachzüglern, sobald ein Tier die Straße kreuzt. Wild ist häufig in größeren Gruppen unterwegs.

Das Risiko eines Wildunfalls lässt sich grundsätzlich reduzieren, wenn Fahrer mit angepasster Geschwindigkeit unterwegs sind. Nur dann können sie angemessen reagieren. Das verdeutlicht ein Beispiel: Ist man beispielsweise mit 100 km/h unterwegs, beträgt der Anhalteweg mehr als 81 Meter. Fährt man hingegen mit 50 km/h, verkürzt sich der Anhalteweg deutlich – auf knapp 29 Meter. Je geringer die Geschwindigkeit ist, desto schneller kommen Autofahrer zum Stehen. 

Ein Ausweichmanöver kann schwere Folgen haben.

Ist ein Unfall unvermeidbar, ist eine Vollbremsung die beste Reaktion. „Ein Ausweichmanöver kann schwere Folgen haben“, warnt Reinwald. Das Risiko ist groß, das Lenkrad zu verziehen, im Straßengraben zu landen, sich zu überschlagen oder in den Gegenverkehr zu geraten. Nach der Kollision sichern Autofahrer die Unfallstelle ab. Das bedeutet: Warnblinkanlage anschalten, Warnweste anziehen und Warndreieck aufstellen. Dann gilt es, die Polizei zu rufen. Diese informiert den zuständigen Jagdpächter, der sich um das tote oder verletzte Tier kümmert. „Autofahrer sollten es wegen Verletzungs- und Infektionsgefahr nicht anfassen“, rät Reinwald. 

Wildunfallbescheinigung einfordern

Wildunfälle müssen stets gemeldet werden. Auch dann, wenn das Tier möglicherweise noch am Leben ist und sich vom Unfallort entfernt. Grundsätzlich sollten sich Autofahrer vom Jagdpächter oder von der Polizei eine Wildunfallbescheinigung geben lassen – für die Versicherung.

Beweise sammeln – für die Teilkasko

Die Teilkasko zahlt für Schäden am Fahrzeug, sofern diese durch einen Wildwechsel verursacht worden sind. Allerdings beinhalten viele Verträge nur eine Absicherung bei Unfällen mit Haarwild. Dazu gehören Rotwild, Dachse oder Wildschweine; nicht aber Wölfe, Fasane oder Greifvögel. Der Fahrer muss grundsätzlich belegen, dass er gegen das Tier gefahren ist, als es die Straßenseite wechseln wollte. Dies sollte man sich vom Jagdpächter bescheinigen lassen. Wer dem Tier ausweicht und dabei im Graben landet, muss damit rechnen, gegebenenfalls für den Schaden selbst aufzukommen.

2018 wurden Versicherungen rund 268.000 Wildunfälle gemeldet.

In einer Vollkasko-Versicherung sind Schäden durch Wildunfälle grundsätzlich abgedeckt. Beweise für einen Zusammenprall mit dem Tier müssen nicht vorgelegt werden. Eine Teilkasko-Versicherung hat jedoch einen anderen Vorteil: Erfolgt eine Schadensregulierung, hat das keine Auswirkungen auf die Schadensfreiheitsklasse. Bei einer Vollkasko-Versicherung wird die Schadenfreiheitsklasse hingegen herabgestuft, wenn der Schaden reguliert wird. Bevor das Fahrzeug repariert wird, sollte der Halter in jedem Fall seinen Versicherer kontaktieren.

Dass Wildunfälle keine Seltenheit sind, belegt die Statistik: 2018 haben Autofahrer ihren Versicherungen rund 268.000 Wildunfälle gemeldet – laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) 7.000 weniger als noch 2017. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist die Anzahl jedoch weitaus höher: Der Deutsche Jagdverband geht von einer hohen Dunkelziffer aus, da nicht jeder Unfall gemeldet wird.

Bilder: dpa, iStock

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Broschüre des ADAC, DJV und DVR: „Besser langsam als wild"

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