Unfallflucht und ihre Folgen

Egal unter welchen Umständen: Den Unfallort sollte man aufgrund weitreichender Konsequenzen nie einfach so verlassen.

07. Februar 2020
4 Minuten

Endlich Wochenende! Schnell noch etwas im Supermarkt besorgen. Alles erledigt. Doch beim Ausparken passiert es: Leicht touchiert man ein anderes Auto. Kurzer Blick auf die eigene Stoßstange – Glück gehabt. Und auch der andere Wagen sieht unversehrt aus. Mit der Tiefkühlware im Kofferraum tickt jedoch die Zeit. Schnell einen Zettel mit Telefonnummer am Scheibenwischer platzieren und ab nach Hause!

Konsequenzen bei kleinen Schäden

Eine Situation wie diese ist in Deutschland keine Seltenheit. Vielerorts entfernen sich Fahrende zu schnell vom Unfallort. Zwar gilt eine Berührung ohne eingetretene Schäden für Pkw und Personen rechtlich nicht als Unfall – womit der Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nicht erfüllt wäre, selbst wenn der oder die Beteiligte sich entfernt. Fahrende müssen jedoch bedenken, dass es Schäden gibt, die optisch nicht erkennbar sind, das Fahrzeug jedoch trotzdem beeinträchtigen können und demnach ein Sachschaden vorliegt. In diesem Fall handelt es sich um einen Unfall im Straßenverkehr. Und vom Unfallort darf man sich nicht ohne Weiteres entfernen. 

Deshalb sollte man – auch bei leichtem Touchieren – stets von einem Schaden ausgehen und folgendermaßen handeln: Auf die Besitzerin oder den Besitzer des anderen Pkw oder auf andere feststellungsbereite Personen eine angemessene Zeit warten oder die Polizei rufen. Tut man das nicht und setzt seinen Weg unmittelbar fort, kann man nach § 142 des Strafgesetzbuchs (StGB) möglicherweise den Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort – besser bekannt als Unfallflucht oder Fahrerflucht, begehen. Eine Notiz am Auto der oder des Anderen mit Kontaktinformationen genügt nicht.

Was genau als „angemessene Zeit” gilt, ist rechtlich nicht festgeschrieben. Hier muss im jeweiligen Einzelfall entschieden werden. Die Oberlandesgerichte in Düsseldorf und Stuttgart sahen Wartezeiten von zehn Minuten bei geringfügigen Schäden bereits als ausreichend an, andere Gerichte wiederum 30 Minuten bis eine Stunde. Deshalb: Vor dem Verlassen des Unfallorts immer die Polizei verständigen und den Vorfall aufnehmen lassen, falls bis dahin keine feststellungsbereiten Personen eingetroffen sind.

Folgen bei geringfügigen Schäden

Hat man sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, folgen bei Schäden unter 600 Euro in der Regel eine Geldauflage und die Einstellung des Verfahrens.  

Wer sich nach einem Unfall mit Personenschaden oder Sachschäden von bedeutendem Wert (Grenze liegt derzeit bei ca. 1.300 Euro) unerlaubt vom Unfallort entfernt, muss mit dem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen. Mehr als ein Monatsgehalt an Geldstrafe sowie der Eintrag von drei Punkten im Fahreignungsregister können die Folge sein.

Liegt die Schadenshöhe zwischen diesen genannten Werten, kommen auf denjenigen, der sich unerlaubt entfernt hat, unter Umständen eine Geldstrafe, der Eintrag von zwei Punkten im Fahreignungsregister sowie ein Fahrverbot von einem bis sechs Monaten zu. Im Gegensatz zum Entzug der Fahrerlaubnis wird bei einem Fahrverbot der Führerschein von der zuständigen Behörde verwahrt. Nach Ablauf der Verbotsfrist bekommt man den Führerschein wieder ausgehändigt.

Möglicherweise wird das Fahrzeug, mit dem man sich unerlaubt entfernt hat, als Tatmittel gemäß § 74 StGB eingezogen. Zudem kann die Tat auch zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.

Schutz durch Selbstanzeige

Entfernt sich eine Unfallbeteiligte oder ein Unfallbeteiligter unerlaubt vom Unfallort und ermöglicht innerhalb von 24 Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs nachträglich freiwillig die Feststellungen, so können die Konsequenzen geringer ausfallen oder sogar komplett entfallen. Das ist jedoch nur bei nicht bedeutenden Schäden möglich. 

Die unbewusste Flucht

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort liegt übrigens nur vor, wenn die oder der Beteiligte den Unfall tatsächlich wahrgenommen hat. Das gilt unabhängig davon, ob es sich lediglich um eine Kollision mit Sachschaden und/oder einen Unfall mit Personenschaden handelt.

Zur Klärung, ob der Unfallverursacher bzw. Unfallbeteiligte tatsächlich keine Kenntnis über den Unfall hatte, wird in der Regel ein Unfallgutachten erstellt. Eine Rekonstruktion des Vorfalls kann darlegen, ob die Aussage glaubwürdig ist. Zusätzlich sollte die Unfallverursacherin oder der Unfallverursacher darlegen können, warum sie oder er die Kollision nicht bemerkt hat.

Auch Fußgängerinnen und Fußgänger können Unfallflucht begehen

Als "Unfallflüchtige" oder „Unfallflüchtiger“ kommt potentiell jeder Verkehrsteilnehmende infrage, der an einem Unfall beteiligt ist. Das heißt: Eine Person, die entsprechend ihres Verhaltens den Umständen entsprechend zum Unfall beigetragen haben kann. Demnach auch Fußgängerinnen und Fußgänger, Radfahrerinnen und Radfahrer oder auch Beifahrerinnen und Beifahrer. Auch deshalb ist der Begriff „Fahrerflucht“ nicht korrekt.

Hauptverursacherinnen und Hauptverursacher sind grundsätzlich Beteiligte, die nach Einschätzung der Polizei die Hauptschuld am Unfall tragen. Beteiligte an Alleinunfällen gelten immer als Hauptverursacherin oder Hauptverursacher. Die Hauptverursacherin oder der Hauptverursacher ist demnach immer Beteiligte oder Beteiligter, der oder die Beteiligte aber nicht zwingend Hauptverusacherin oder Hauptverursacher.

2018 registrierte die Polizei mehr als 27.000 Unfallflüchtige nach Kollisionen mit Personenschaden.

Was, wenn jemand verletzt wird?

Sollte es bei dem Unfall zu Verletzten gekommen sein, drohen neben den oben genannten Rechtsfolgen aus dem Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort Verfahren und Sanktionen wegen unterlassener Hilfeleistung – und fahrlässiger Körperverletzung. Letztere liegt vor, wenn die Schäden des Unfallopfers in Zusammenhang mit einer konkreten Pflichtverletzung des Verursachers stehen, der Unfall also zum Beispiel durch Fahren mit unangepasster Geschwindigkeit verursacht wurde. Hier kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren drohen.

So geht es richtig

Wissen Sie was zu tun ist, wenn Sie an einen Unfallort kommen? Nein? Keine Sorge! Merken Sie sich einfach: „Schützen, Melden, Helfen“. Was genau das heißt, erklärt dieser Animationsfilm.