Dirk Weber weiß aus eigener Erfahrung, wie es ist, von einem Tag auf den anderen querschnittgelähmt zu sein. Nach einem Sportunfall im Jahr 1990 musste er sein Leben neu ausrichten. Heute engagiert er sich als Schatzmeister der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten e.V. (FGQ) dafür, anderen Betroffenen zu helfen, ihre Mobilität zurückzuerlangen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Außerdem betreibt er eine Fahrschule und einen Fahrzeugumrüstungsbetrieb für Menschen mit Behinderung in Greifswald. Mit seiner Expertise ist er Ansprechpartner der Arbeitsgemeinschaft Fahrzeugumbau bei der FGQ. Im Interview spricht er über die Herausforderungen, denen Menschen mit Querschnittlähmung im Straßenverkehr begegnen, und darüber, wie Verkehrsteilnehmende zu mehr Sicherheit und Barrierefreiheit beitragen können.
Herr Weber, warum wurde die Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten e.V. gegründet? Was ist die Mission des Vereins?
Die FGQ wurde vor über 30 Jahren gegründet, um Menschen mit Querschnittlähmung zu unterstützen und ihnen zu helfen, mit ihrer neuen Lebenssituation zurechtzukommen. Unser Verein setzt auf ein Netzwerk von Betroffenen für Betroffene: Erfahrene Mitglieder, die schon länger mit einer Querschnittlähmung leben, begleiten und beraten frisch Verletzte.
Mittlerweile unterstützen wir auch Angehörige und Menschen, die trotz Rückenmarksverletzung wieder laufen können. Unser Angebot richtet sich an alle, die direkt oder indirekt von Querschnittlähmung betroffen sind.
Welche Perspektiven bietet der Verein Menschen, die durch einen Unfall oder durch Krankheit querschnittsgelähmt wurden?
Wir bieten Unterstützung auf verschiedenen Ebenen: zum einen durch unser Peer-Netzwerk, in dem erfahrene Mitglieder ihr Wissen weitergeben. Zum anderen durch praktische Hilfe, etwa bei Anträgen für finanzielle Unterstützung oder der Wiederaufnahme von Hobbys. Wir möchten Betroffenen zeigen, dass ein erfülltes Leben mit Querschnittlähmung möglich ist.
Welche Rolle spielt das Thema Mobilität bei diesem Prozess?
Mobilität ist absolut entscheidend. Sie beginnt bei der richtigen Einstellung des Rollstuhls und reicht bis zur Nutzung von Kraftfahrzeugen oder öffentlichen Verkehrsmitteln. Mobilität bedeutet Unabhängigkeit und ermöglicht es Betroffenen, am gesellschaftlichen und beruflichen Leben teilzuhaben, Familie zu besuchen, einzukaufen oder Freizeitaktivitäten auszuüben. Um dabei zu unterstützen, hat die FGQ ein Netzwerk an jedem der 27 spezialisiertenZentren zur Behandlung von Rückenmarksverletzungen in Deutschland. Dort können Betroffene direkt mit uns in Kontakt treten.
Was sind die größten Herausforderungen in Bezug auf die Mobilität von Menschen mit Querschnittlähmung?
Eine der größten Herausforderungen ist die Anpassung von Fahrzeugen. Viele unserer Mitglieder benötigen spezielle Umbauten, um sicher und selbstständig fahren zu können. Die Anpassungen sind sehr individuell und hängen von der Art und Schwere der Lähmung ab. Oft sind spezielle Steuer- und Bedienelemente notwendig, die per Hand bedient werden können. Auch die sichere Befestigung des Rollstuhls im Fahrzeug ist ein wichtiger Aspekt.
Wie sieht für Sie die ideale Infrastruktur aus, um die Mobilität und Sicherheit von Menschen mit Querschnittlähmung zu verbessern?
Das Stichwort lautet hier „Barrierefreiheit“. Das betrifft den öffentlichen Raum mit abgesenkten Bordsteinen, ausreichend breiten Parkplätzen für Menschen mit Behinderung und gut zugänglichen Verkehrsmitteln ebenso wie private Bereiche, etwa Wohnungen oder Arbeitsplätze. Auch die Tank- und Ladeinfrastruktur sollten so gestaltet sein, dass Rollstuhlfahrende sie nutzen können.
Was wünschen Sie und andere Mitglieder des Vereins sich von den übrigen Verkehrsteilnehmenden, um sicher unterwegs zu sein?
Das Wichtigste ist ein respektvoller Umgang miteinander. Parkplätze für Menschen mit Behinderung sollten nicht blockiert werden und im Straßenverkehr sollte man Rücksicht aufeinander nehmen.
Wie kann die breite Öffentlichkeit dazu beitragen, die Verkehrssicherheit für Menschen mit Querschnittlähmung zu verbessern?
Alle können durch aufmerksames und rücksichtsvolles Verhalten im Straßenverkehr zu mehr Verkehrssicherheit beitragen. Zudem ist es wichtig, alltägliche Barrieren zu erkennen, beispielsweise Straßen mit Kopfsteinpflaster oder zugeparkte Übergangsstellen. Nicht zuletzt geht es darum, ein Bewusstsein für die Bedürfnisse und Herausforderungen von Menschen mit Querschnittlähmung zu schaffen.
Bilder: Dirk Weber