24. Januar 2024

Der „Rote Ritter“ im Einsatz für Unfallprävention bei Kindern

Mehr Sicherheit für Kinder im Straßenverkehr – dafür setzt sich der Preis „Roter Ritter“ ein.

5 Minuten

Seit 2010 verleiht der Verein „Aktion Kinder-Unfallhilfe e.V.“ den „Roten Ritter“. Der Präventionspreis zeichnet Initiativen und Projekte aus, die sich für mehr Sicherheit von Kindern im Straßenverkehr einsetzen. Im Interview erzählt Geschäftsführerin Svenja Schneider, wie die ausgezeichneten Ideen die kleinsten Verkehrsteilnehmenden vor Unfällen schützen.

Frau Schneider, warum wird der „Rote Ritter“ eigentlich vergeben?

Mit dem Präventionspreis zeichnen wir alle zwei Jahre Projekte und Initiativen aus, die Kinder und Jugendliche im Straßenverkehr schützen. Der Preis wird dabei in unterschiedlichen Kategorien wie zum Beispiel „Toter Winkel“ oder „Helme tragen“ vergeben. Sehr viele Bewerbungen kommen aus den Bereichen wie Polizei, Schulen, Verkehr, Unternehmen oder Gemeinden. Letztes Jahr hatten wir beispielsweise zwölf Preisträgerinnen und Preisträger. Hinzu kommt ein Medienpreis, der verliehen wird.

Welche Ziele verfolgen Sie mit dem „Roten Ritter?

Uns ist es sehr wichtig, den Kleinsten und Schwächsten zu helfen. Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft, deswegen stehen sie im Mittelpunkt unserer Tätigkeit. Als Initiative des Straßenverkehrsgewerbes ist es uns sehr wichtig, dass wir sie im Straßenverkehr schützen. Dabei arbeiten wir sowohl in der Unfallprävention als auch in der Nachsorge für die Opfer eines Verkehrsunfalls.

Warum müssen Kinder im Straßenverkehr denn besonders geschützt werden?

Kinder können Situationen, Gefahren und die Folgen des eigenen Handelns noch nicht richtig einschätzen. Deshalb ist es wichtig, Präventionsarbeit zu leisten, aufzuklären und verschiedene Situationen zu erklären, damit sie sich sicherer im Straßenverkehr bewegen können.

Welche Erfolge konnten Sie schon mit Ihrer Präventionsarbeit verzeichnen?

Jeder Unfall, der nicht passiert, ist für uns schon ein Erfolg. Das lässt sich allerdings kaum statistisch abbilden. Es ist ein besonderer Erfolg, dass unser Netzwerk in den vergangenen Jahren so stark gewachsen ist. Unsere Veranstaltungen sind gut besucht. Das Schönste ist: Unsere Bewerberinnen und Bewerber tauschen sich überregional aus. Wir wollen mehr Menschen dazu inspirieren, Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen. Also bilden wir eine Schnittstelle zwischen unterschiedlichen Interessierten- und Expertengruppen.

Ausgezeichnete Initiativen

Wie sieht dieser Austausch zwischen unterschiedlichen Institutionen genau aus?

Ein Beispiel dafür ist das Rote-Ritter-Mobil. Das ist ein Verkehrsanhänger, vollgepackt mit Materialien, die wir für die Verkehrserziehung von Kindern einsetzen. Denn oft fehlt es in Schulen oder Kindergärten an Unterlagen und die Verantwortlichen wissen nicht genau, wie sie bestimmte Präventionsangebote umsetzen sollen.

Die Idee für das Mobil stammt ursprünglich von einem Polizisten aus Nordhorn. Er hatte sich mit dieser Idee beim „Roten Ritter“ beworben. Wir fanden die Idee so gut, dass wir sie unbedingt in einem größeren Rahmen umsetzen wollten. Inzwischen haben wir bundesweit etwa 25 Anhänger, die wir kostenlos zur Verfügung stellen. Jeder Wagen hat einen Wert von ca. 5.000 Euro und kann von jeder Institution beantragt werden. Vor allem Polizeidienststellen und Verkehrswachten kommen auf uns zu und wollen sie für ihre Arbeit nutzen.

Sie haben bereits die Kategorien „Toter Winkel“ und „Helme tragen“ angesprochen. Welche Themenschwerpunkte gibt es darüber hinaus beim „Roten Ritter?

Zum Beispiel sind auch Rollerpässe, also Führerscheine für Tretroller, und Fahrradpässe immer wieder Thema. Interessanterweise hatten wir bei der letzten Preisverleihung auch Musik dabei, da wir sehr viele kreative, musikalische Bewerbungen bekommen haben. Es ist großartig zu sehen, wie viele Menschen sich Gedanken machen und wahnsinnig tolle Ideen entwickeln. Es berührt mich immer wieder sehr, wenn ich sehe, wie viel Menschen tun, damit die Kinder sicher im Straßenverkehr unterwegs sind.

Welche Initiativen wurden beispielsweise bei der letzten Preisverleihung 2022 ausgezeichnet?

Es gibt zwei Projekte aus dem letzten Jahr, die mich wirklich beeindruckt haben. Das ist zum einen das Projekt „Abgefahren – Wie krass ist das denn?“. Das ist eine Initiative für junge Fahranfängerinnen und Fahranfänger von 17 bis 24 Jahren, die sich in drei Phasen gliedert. Zuerst gibt es Unterrichtsmaterialien für die Schülerinnen und Schüler von Abitur- oder Berufsschulklassen. Wenn diese durchgearbeitet sind, folgen authentische Erfahrungsberichte von Rettungsdiensten, Notfallseelsorgern, Unfallopfern und Hinterbliebenen. Konkret berichten Unfallbeteiligte auf einer Bühne von den erlebten Situationen. Dazu werden auch Filmausschnitte, Fotos oder TV-Berichte gezeigt. Zuletzt kommt die Aufarbeitung der Unfallfolgen. Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben mich sehr berührt. Zum Beispiel hat ein Vater gesprochen, der seinen Sohn bei einem Verkehrsunfall verloren hat. Das ist unendlich emotional.

Dafür braucht es viel Mut. Welches zweite Projekt hat Sie außerdem beeindruckt?

Hier war der tote Winkel der Schwerpunkt. Das Thema liegt uns sehr am Herzen, weil es immer wieder Verletzte und Tote in diesem Zusammenhang gibt. Wir verteilen kostenlos Toter-Winkel-Aufkleber und andere Sicherheitsartikel wie Blinklichter, damit Kinder gesehen werden. Eine gute Idee in diesem Zusammenhang hatte die Polizei in Remscheid. Die Polizistinnen und Polizisten haben ein Lkw-Fahrerhaus nachgebaut, in dem die Kinder sitzen können und so für das Thema Sichtbarkeit in verschiedenen Fahrzeugen sensibilisiert werden.

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Gewinnerinnen und Gewinner aus?

Wir haben keinen standardisierten Kriterienkatalog, den wir abhaken. Es gibt eine Jury, die sich aus unserem Vorstand und unseren Mitgliedern zusammensetzt. Da sind auch verschiedene Expertinnen und Experten dabei, unter anderem vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Wir versuchen gemeinsam einzuschätzen, ob die Idee realisierbar ist, ob sie in Kitas und Schulen umgesetzt werden kann oder ob sie auch auf anderen Wegen durchführbar ist.

Wichtig ist auch, die Idee mit Kinderaugen zu sehen und zu fragen: Können Kinder diese umsetzen? Wir dürfen auch die Finanzierung nicht vergessen. Meistens entscheiden wir nach diesen Punkten und auch ein bisschen nach Bauchgefühl.

Wie ist denn die Rückmeldung aus den Projekten? Haben diese nach der Auszeichnung vielleicht auch mehr Aufmerksamkeit bekommen?

Wir spüren alle, dass die Gewinnerinnen und Gewinner sehr stolz und glücklich sind. Es ist einfach ein großartiges Gefühl, wenn die eigene Arbeit gewürdigt wird. Nach der Preisverleihung gehen wir als Verein auf die Medien zu und schaffen so Aufmerksamkeit. Auch die Gemeinden, aus denen die Preisträgerinnen und Preisträger kommen, berichten darüber. Das motiviert die Leute weiterzumachen, wenn sie so ein tolles Feedback bekommen.

Es können sich alle bewerben, die eine Idee haben, wie wir Jüngere sicherer ans Ziel bringen.

Was bekommen die Preisträgerinnen und Preisträger neben der Aufmerksamkeit und dem Preis selbst?

Der Preis ist insgesamt mit mindestens 20.000 Euro dotiert, in den letzten Jahren lag die Dotierung jedoch immer etwas höher. Die Höhe des Preisgeldes richtet sich nach den Bedürfnissen der einzelnen Projekte. Teilweise bieten wir auch PR-Maßnahmen an, zum Beispiel drehen wir für einige Preisträgerinnen und Preisträger einen professionellen Film, mit dem sie werben können. Die mit der Auszeichnung verbundene finanzielle Unterstützung und Öffentlichkeitswirkung stärkt die Vereine. Außerdem gibt es als Trophäe ein großes Stoppschild, eine Urkunde und ein Ritter-Maskottchen.

Wann und wo wird der nächste „Rote Ritter" verliehen?

Der „Rote Ritter wird alle zwei Jahre ausgeschrieben, die nächste Preisverleihung findet im Herbst 2024 statt. Wo das sein wird, steht noch nicht fest.

Im kommenden Jahr wird er zum sechsten Mal vergeben. Wie kann man die eigenen Ideen bei Ihnen einreichen?

Bewerben können sich alle, die eine Idee haben, wie wir Jüngere sicherer ans Ziel bringen. Die offizielle Bewerbungsphase beginnt 2024, ab dann ist eine Bewerbung ganz einfach über das Formular auf unserer Homepage möglich. Man muss sich auch nicht selbst bewerben, sondern kann auch Initiativen vorschlagen, von denen man gehört hat.

Bilder: Svenja Schneider, Roter Ritter