Richtiges Verhalten am Bahnübergang

Unfälle an Bahnübergängen sind selten, aber folgenschwer. Deshalb sollte man folgende Verhaltensregeln beachten.

16. März 2022
4 Minuten

Immer wieder kommt es an Bahnübergängen zu folgenschweren Kollisionen zwischen Zügen und anderen Verkehrsteilnehmenden. Ein vermeidbares Risiko, denn die Warnsignale – auch an Bahnübergängen ohne Schranken – sind eindeutig.

Durchschnittlich jeder vierte Unfall an Bahnübergängen ende tödlich, sagt Rüdiger Lode, Vorstand für Verkehr, Technik und Umwelt des ADAC Südbayern. Laut dem Statistischen Bundesamt kam es allein durch Nichtbeachtung des Vorrangs von Schienenfahrzeugen 2020 zu 177 Unfällen mit Personenschaden. Insgesamt verunglückten dabei 250 Menschen – 32 von ihnen verloren ihr Leben.

Oft werden die hohe Geschwindigkeit des Zuges und sein sehr langer Bremsweg von den Verkehrsteilnehmenden unterschätzt. Zum Vergleich: Bei trockener Fahrbahn liegt der Bremsweg eines Pkws bei 100 km/h bei circa 43 Metern. Selbst bei einer Vollbremsung braucht ein 100 km/h schneller Zug dagegen bis zu einen Kilometer, bis er zum Stehen kommt. Zum Unfall kommt es dann, weil Verkehrsteilnehmende – zumeist an teil- oder unbeschrankten Bahnübergängen – denken, dass sie es noch locker vor dem Zug schaffen, die Gleise zu überqueren.

Aber neben Zeitdruck, Stress und Leichtsinn ist auch die Unkenntnis geltender Verkehrsregeln ein häufiger Grund für Unfälle an Bahnübergängen.

Darauf sollten Sie achten: Warnsignale vor Bahnübergängen

Als technische Sicherung an Bahnübergängen werden unter anderem Schranken, Blinklicht oder akustische Warnsignale angewendet – doch trotz praktischer technischer Warner sollten Sie zu Ihrer Sicherheit folgende Verkehrsschilder kennen und beachten, denn sie kündigen jeden Bahnübergang (beschrankt oder unbeschrankt) an:

Bei diesem Zeichen gilt: Kreuz und quer fahren verboten

In Deutschland sind alle unbeschrankten und beschrankten Bahnübergänge unmittelbar davor durch ein Andreaskreuz – zwei gekreuzte weiße Balken mit roten Enden – gekennzeichnet. Andreaskreuze werden 2,25 Meter vor dem Übergang angebracht und räumen dem Schienenverkehr zwingend Vorrang ein.  

Zusätzlich kann mit dem Andreaskreuz auch ein rotes Blinklicht oder ein gelb-rotes Lichtzeichen aufgestellt sein. Bei einem Andreaskreuz mit rotem Blinklicht gilt: Sobald die Anlage leuchtet, muss angehalten werden. Bei einem Andreaskreuz mit gelb-rotem Lichtzeichen signalisiert das gelbe Licht die Warnung, dass der Bahnübergang umgehend zu räumen ist, beim nachfolgenden Rot müssen alle anhalten.

Hat ein Andreaskreuz übrigens einen Blitz in der Mitte, soll dies größere Fahrzeuge auf die die Fahrbahn kreuzenden Oberleitungen aufmerksam machen.

Eine Ausnahme: Hier steht kein Andreaskreuz

Kein Andreaskreuz findet sich an Fußgängerübergängen, welche mit Umlaufsperren gesichert sind. Umlaufsperren sind Gitterbarrieren, welche die Straße vor den Schienen kreuzen und den Blick der Verkehrsteilnehmenden durch ihre z-förmige Wegeführung in beide Richtungen des Schienenverlaufs lenken.

So verhalten Sie sich richtig beim Überqueren

  • Sobald ein Zug erkennbar ist oder Sie technisch via Warnsignal am Bahnübergang gewarnt werden, verbleibt meist nur kurze Zeit, bis der Zug den Bahnübergang erreicht. Beachten Sie deshalb diese Regeln beim Überqueren eines Bahnübergangs:
  • Egal ob beschrankter oder unbeschrankter Bahnübergang: Fahren Sie mit mäßiger Geschwindigkeit und bremsbereit auf den Bahnübergang zu.
  • Überholen Sie im Bereich des Bahnübergangs nicht.
  • Geschlossene Schranken, auch Halbschranken, die nur die eigene Straßenseite versperren, dürfen nicht umfahren werden.
  • Die Bahngleise sollten erst dann überquert werden, wenn aufmerksam und gründlich sichergestellt ist, dass sich von beiden Seiten kein Zug nähert. Schauen Sie wachsam in beide Richtungen und achten Sie auf eventuelle Pfeifsignale.
  • Blinkt am Bahnübergang ein Licht, muss am Andreaskreuz angehalten werden. Das gilt, selbst wenn die Schranken noch geöffnet sind. Laut Straßenverkehrsordnung muss hier ein Mindestabstand von zehn Metern bis zum Kreuz eingehalten werden. Aus Rücksicht auf die Umwelt sollte der Motor während der Wartezeit ausgeschaltet werden.
  • Losfahren ist erst erlaubt, wenn das Licht erloschen ist und die Schranken vollständig geöffnet sind. An Übergängen ohne Lichtzeichen oder ohne Schranken sollte unbedingt abgewartet werden, bis der Übergang in beiden Fahrtrichtungen frei ist.
  • Das Hören von zu lauter Musik, schmutzige oder beschlagene Seitenscheiben, ablenkende Telefonate oder Gespräche mit Fahrzeuginsassen sind zudem vermeidbare Risikofaktoren beim Überqueren eines Bahnübergangs. Denn wer abgelenkt ist oder keine rundum freie Sicht hat, bemerkt im Ernstfall den herannahenden Zug nicht rechtzeitig.

Was tun bei Stau auf den Gleisen?

Man sollte immer so lange vor dem Übergang am Andreaskreuz warten, bis eindeutig ersichtlich ist, dass der Bahnübergang schnell überfahren und damit verlassen werden kann. Kommt es allerdings dennoch, beispielsweise durch eine Panne, zum Stillstand auf den Gleisen, gilt es das Auto schnellstmöglich aus der Gefahrenzone zu fahren oder zu schieben. Sollte jedoch ein Zug in Sicht sein, bringen Sie sich selbst und Ihre Mitfahrenden umgehend in Sicherheit. Das Fahrzeug lassen Sie stehen. Für den Zug stellt das Fahrzeug für gewöhnlich keine Gefahr dar, aufgrund des hohen Gewichts des Zuges wird ein Auto bis zum Stillstand mitgeschliffen.

Werden Bahnübergänge künftig digitalisiert?

Bereits in vielen Bereichen hilft die Digitalisierung, die Verkehrssicherheit auf deutschen Straßen zu erhöhen – und künftig vielleicht auch an Bahnübergängen. In einem vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr geförderten Projekt hat „RealLab Hamburg“ anhand von zwei Bahnübergängen in Hamburg – einmal technisch gesichert und einmal nicht technisch gesichert – die Umsetzbarkeit eines digitalen Andreaskreuzes in der Praxis erforscht.

Mithilfe von Funktechnologien sollen so in Zukunft Bahnübergang und Verkehrsteilnehmende vernetzt werden. Der Bahnübergang sendet dann aktuelle Informationen über bevorstehende Wartezeiten oder das Ende der Durchfahrt eines Zuges digital an in der Nähe befindliche Smartphones und kompatible Infotainmentsysteme im Auto. Über eine App auf dem Smartphone werden auch Radfahrende und Fußgänger informiert.

Das Ziel: ein vorausschauendes Fahren für Verkehrsteilnehmende ermöglichen sowie die Verkehrssicherheit erhöhen. Außerdem könnten vom Navigationssystem bei einer längeren Schließung der Straße mithilfe eines digitalen Andreaskreuzes auch alternative Routen kalkuliert werden. Diese Funktion könnte zum Beispiel bei dringenden Krankenwagentransports Leben retten.

Die resultierende Studie „Wir verändern Mobilität“ wurde im Frühjahr 2022 veröffentlicht. Hier können sich Interessierte und Fachleute informieren, wie sich Mobilität von morgen mit digitalen Innovationen verbessern lässt. Auf den Seiten 32 bis 38 stehen Zukunftstechnologien wie das digitale Andreaskreuz im Fokus. 

Bußgelder: Wer nicht stehen bleibt, dem kommt dies teuer zu stehen

Fehlverhalten an einer Eisenbahnkreuzung stellt nicht nur eine lebensbedrohliche Gefahr dar. Wer erwischt wird, macht Bekanntschaft mit dem Bußgeldkatalog: Es drohen erhebliche Bußgelder, Fahrverbote oder Punkte. Wird zum Beispiel gegen die Wartepflicht verstoßen, obwohl sich die Schranken senken oder ein hörbares Signal ertönt, dann drohen 240 Euro Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot.

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