Eiskalt erwischt: Unfallgefahr durch Eisplatten auf Lkws

Welche Pflichten haben Lkw-Fahrende? Wie können Autofahrende sich schützen? Und wer haftet im Schadensfall?

22. Dezember 2021
3 Minuten

Nicht nur schlechte Witterungsverhältnisse wie vereiste Straßen verlangen im Winter nach erhöhter Vorsicht. Auch Eisplatten, die von Lkws rutschen, können zur Gefahr werden. „Runter vom Gas“ erklärt, welche Pflichten Berufskraftfahrende haben und wie Autofahrende hinter einem Lkw trotzdem cool bleiben.

Auf winterlichen Straßen droht eine unterschätzte Gefahr: Eisplatten, die zu gefährlichen Geschossen werden, führen jedes Jahr zu Unfällen auf deutschen Straßen. Viele Verkehrsteilnehmende sind sich dieser Gefahr nicht bewusst. Das macht sie aber nicht weniger real, denn wenn solche Eisplatten urplötzlich auf der eigenen Windschutzscheibe zerbersten, haben Autofahrende alle Hände voll zu tun, nicht die Kontrolle über das eigene Fahrzeug zu verlieren. 

Und es kann noch schlimmer kommen: Je nach Größe, Geschwindigkeit und Einfallswinkel der Eisplatten kann die Windschutzscheibe sogar bersten. Dann droht Lebensgefahr.

Die Pflicht ruft – was Berufsfahrende zu beachten haben

Auf den Planendächern von Lkw können sich durch Regen im Stand mehr als 100 Liter Wasser sammeln. Zur Einordnung: Eine Badewanne hat im Schnitt 150 Liter Fassungsvermögen.  Wenn Lkw-Fahrende nun auf einem Parkplatz entlang der Strecke nächtigen oder mehrere Stunden Halt machen, gefriert dieses Wasser bei Minustemperaturen und verwandelt sich in Eis. Sobald die Fahrt wieder angetreten wird und der Lkw sich erwärmt, lösen sich Eisstücke und können herunterfallen. Die Fahrerinnen und Fahrer bekommen davon jedoch oftmals nichts mit, obwohl es hinter ihrem Lkw zu (Beinahe-)Unfällen gekommen sein kann. 

Das befreit verursachende Personen aber nicht von ihren Pflichten. Denn für die Verkehrssicherheit des eigenen Fahrzeugs ist immer die fahrzeugführende Person verantwortlich. Dazu gehört auch das Befreien von gefährlichen Dachlasten – wie in diesem Fall Schnee oder Eis –, welche anderen Verkehrsteilnehmenden zum Verhängnis werden können. 

An vielen Raststätten und Autohöfen in Deutschland finden sich daher spezielle Räumstellen, die zur Säuberung der Lkw-Dächer genutzt werden können.

Schneeräumanlagen für Lkw einfach finden

Beispielsweise mit Hilfe der „Truck Stops“-App finden Fernfahrende die nächstgelegene Räumanlage. Der „Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung“ stellt online einen Überblick 2020/2021 zur Verfügung.

Manche Lkw besitzen darüber hinaus technische Sonderausstattungen in Form von Dachheizungen oder Dach-Airbags, die das Problem von der technischen Seite her lösen können. Erstere lassen hierbei Eis und Schnee auftauen, um das Schmelzwasser anschließend zu entfernen. Letztere ermöglichen es den Fahrzeugführenden, einen Luftschlauch unter der Plane aufzublasen und diese damit anzuheben – sodass sich erst gar keine Flüssigkeit auf dem Dach ansammelt, die zu Eisplattenbildung führen könnte.

Wer keinen Dach-Airbag hat, kann – wenn der Anhänger leer ist – angesammeltes Wasser, noch bevor es vereist, auch durch das Anheben der Plane mit Hilfe einer Leiter von innen entfernen. Zudem kann über die Luftfederung der Hinterachse eine Schräglage erzeugt werden, die Wasser herunterfließen lässt. 

Wichtig: Per Leiter selber auf das Dach eines Lkws zu steigen, um Schnee und Eis zu entfernen, sollte tunlichst vermieden werden – es besteht Unfallgefahr! 

Väterchen Frust

Wer sein Fahrzeug trotz § 23 StVO in einem nicht vorschriftsmäßigen, also auch eisfreien Zustand, bewegt und dabei erwischt wird, muss mit einem Verwarnungsgeld von 25 Euro rechnen. Geschieht durch das Herabfallen einer Eisplatte ein Unfall, drohen bis zu 120 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg. Kommt es zu einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, drohen sogar noch höhere Geldstrafen bis hin zu mehrjährigen Haftstrafen.

Was für Lkw gilt, gilt auch für Pkw

Die Straßenverkehrsordnung gilt genauso für Pkw-Fahrende – hier können sich bei den meisten Modellen zwar keine Eisplatten auf dem Autodach bilden, aber Schnee ansammeln! Sich lösende Schneewolken können nachfolgenden Fahrzeugen die Sicht rauben, weshalb auch Schnee vor Fahrtbeginn entfernt werden muss. 

Mit Abstand am besten – wie sich Pkw-Fahrende schützen können 

Autofahrende schützen sich am besten, wenn sie nicht zu nah auf Lkw auffahren. Eisplatten schlagen laut ADAC zwischen 20 Meter und 50 Meter hinter einem Lastwagen auf. Es sollte also immer ein Mindestabstand von 50 Metern eingehalten werden. Generell gilt hier: lieber zu viel als zu wenig! Als Faustregel können Sie sich merken, dass egal bei welchen Witterungsverhältnissen mindestens die Hälfte des eigenen Tachostands als Sicherheitsabstand eingehalten werden sollte. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 130 km/h wären das beispielsweise mindestens 65 Meter. Orientieren können Sie sich dabei an den Leitpfosten, die stets in einer Entfernung von 50 Metern zueinander stehen. 

Kommt es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einer Kollision mit herabfallenden Eisplatten, sollten Autofahrende – falls es die Situation zulässt – das Kennzeichen des verursachenden Lkws notieren. So kann der Halter ermittelt werden und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung kommt für den Schaden auf. Außerdem können Zeugenaussagen hilfreich sein, um den Vorgang nachzuweisen. 

Sollte sich der Schaden keinem anderen Fahrzeug zuordnen lassen, reguliert die eigene Vollkaskoversicherung. Wer keine besitzt, hat hier leider schlechte Karten und bleibt auf den Kosten sitzen. Frostige Stimmung garantiert.

Bilder: Shutterstock