Ein richtiger Blick in den Spiegel – eine simple Bewegung, die Leben retten kann. Viele Verkehrsteilnehmende vernachlässigen das korrekte Einstellen ihrer Innen- und Außenspiegel. Aber gute Rundumsicht ist essenziell, um Unfälle zu vermeiden. „Runter vom Gas“ zeigt Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie Ihre Außen- und Innenspiegel optimal positionieren.
Der sogenannte tote Winkel ist ein Bereich seitlich und schräg links und rechts hinter Ihrem Fahrzeug, der selbst mit den besten Spiegeln nicht einsehbar ist. Zusätzlich kann die Sicht durch die A-Säule eingeschränkt sein, wodurch z.B. beim Einbiegen oder an Kreuzungen Personen verdeckt werden können. Ein nicht sichtbarer Bereich birgt insbesondere für Radfahrende und Motorradfahrende Gefahren. Denn sie können leicht übersehen werden, was zu gefährlichen Situationen beim Spurwechsel, Abbiegen oder Anfahren führen kann. Eine korrekte Spiegeleinstellung ist eine Grundvoraussetzung, um potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen.
Tödliche Abbiegeunfälle
Abbiegeunfälle führen jedes Jahr zu zahlreichen Unfällen und Verletzten. Insgesamt gab es 2024 knapp 27.714 Unfälle mit Personenschaden durch Abbiegefehler von Menschen hinter‘m Steuer. 25 Menschen wurden durch Fehler beim Rechtsabbiegen, 114 Menschen durch Fehler beim Linksabbiegen getötet.
Autospiegel richtig einstellen: Anleitung für optimale Sicht
Die optimale Spiegeleinstellung ist individuell und hängt von Ihrer Sitzposition ab. Passen Sie den Fahrersitz vor Fahrtantritt an Ihre Körpergröße und Beinlänge an. Ihre Füße sollten die Pedale bequem erreichen können, ohne dass Sie sich anstrengen müssen, und Ihre Knie sollten beim Betätigen der Pedale leicht angewinkelt sein.
Grundsätzlich gilt:
1. Rückspiegel:
- Stellen Sie den Innenspiegel so ein, dass Sie die gesamte Heckscheibe sehen können. Der Rahmen der Heckscheibe sollte dabei möglichst wenig sichtbar sein.
2. Außenspiegel:
- Grundposition: Setzen Sie sich aufrecht auf den Fahrersitz.
- Fahrerseite: Stellen Sie den Spiegel so ein, dass Sie gerade noch einen schmalen Streifen Ihres eigenen Fahrzeugs sehen können. Der Horizont sollte etwa in der Mitte des Spiegels liegen.
- Rechter Außenspiegel: Wiederholen Sie den Vorgang auf der rechten Seite.
3. Überprüfen Sie die Einstellung:
- Setzen Sie sich wieder aufrecht hin und bewegen Sie Ihren Kopf leicht nach links und rechts. Der Bereich, den Sie im Außenspiegel sehen, sollte nahtlos an das Bild im Innenspiegel anschließen.
Der tote Winkel beim Lkw – eine besondere Herausforderung:
Gerade bei Lkw ist der tote Winkel ein großes Problem. Da die Fahrzeuge deutlich größer sind als Pkw, haben sie auch viel größere tote Winkel. Aufgrund der hohen Sitzposition des Fahrenden ist es zudem schwierig, alle Bereiche um das Fahrzeug herum direkt einzusehen. Die Spiegel müssen deshalb so eingestellt sein, dass sie ein möglichst umfassendes Bild der Umgebung zeigen, insbesondere der Bereiche, die für andere Verkehrsteilnehmende gefährlich sein könnten. Lkw müssen mit mehr zusätzlichen Spiegeln oder Kameras ausgestattet sein. Diese minimieren den toten Winkel und erweitern das Sichtfeld.
Fahrerinnen und Fahrer von Lkw aufgepasst: Die BG Verkehr hat Spiegeleinstellplanen entwickelt, die Ihnen zum Beispiel auf dem Betriebsgelände dabei helfen, Ihre Spiegel optimal einzustellen. Legen Sie dazu die Planen einfach vor und neben dem Lkw aus. Überprüfen Sie anschließend, ob das zugehörige Sichtfeld der Plane vollständig sichtbar und der Spiegel somit richtig eingestellt ist.
So stellen Sie Ihre Lkw-Spiegel richtig ein
1. Haupt(rück)spiegel (oder „Fahrspiegel“):
- Diese Spiegel sind Ihre primären Sichtquellen für den Verkehr direkt neben und hinter dem Lkw. Sie sind vergleichbar mit den Außenspiegeln eines Autos, aber größer und oft konvex (leicht nach außen gewölbt), um ein breiteres Sichtfeld zu bieten.
- Setzen Sie sich aufrecht in Ihren Fahrersitz.
- Stellen Sie den Spiegel so ein, dass Sie gerade noch einen kleinen Teil der Seite Ihres Lkw sehen können (z. B. den hinteren Kotflügel). Dies hilft Ihnen, die Position des Lkw im Verhältnis zur Fahrbahn zu verstehen. Der Horizont sollte sich etwa in der Mitte des Spiegels befinden.
- Wichtig: Vermeiden Sie es, zu viel von Ihrem eigenen Lkw im Spiegel zu sehen. Das reduziert Ihr Sichtfeld unnötig.
- Passen Sie die Spiegel so an, dass der Verkehr auf den angrenzenden Fahrstreifen klar und deutlich zu sehen ist.
2. Weitwinkelspiegel (unter dem Hauptspiegel):
- Diese Spiegel sind dazu da, das Blickfeld zu erweitern, um den toten Winkel direkt neben der Zugmaschine zu verringern.
- Sie sind stark konvex, was ihnen ein sehr breites Sichtfeld ermöglicht, aber auch die Entfernung verzerrt. Objekte in Weitwinkelspiegeln sehen kleiner aus und erscheinen so weiter entfernt, als sie tatsächlich sind.
- Stellen Sie den Spiegel so ein, dass Sie den Bereich direkt unterhalb der Hauptspiegel sehen können. Sie sollten in der Lage sein, den Boden direkt neben dem Lkw und einen Teil des Bereichs unterhalb der Kabine zu sehen.
- Achten Sie darauf, dass der Weitwinkelspiegel nicht zu hoch eingestellt ist, da er sonst den Himmel oder weit entfernte Objekte zeigt, die für die unmittelbare Sicherheit irrelevant sind.
3. Frontspiegel
- Dieser Spiegel hilft, den Bereich direkt vor dem Lkw einzusehen. Er ist insbesondere beim Anfahren oder Rangieren in engen Bereichen wichtig.
- Stellen Sie den Frontspiegel so ein, dass Sie den Bereich direkt vor der Stoßstange des Lkw sehen können.
- Achten Sie darauf, dass Sie auch den Boden in unmittelbarer Nähe des Lkw sehen können, um Hindernisse wie Bordsteine oder kleine Objekte zu erkennen.
4. Nahbereichs-/Anfahrspiegel (Rampenspiegel)
- Dieser Spiegel auf der rechten Seite ist nach unten gerichtet und hilft, Bordsteine, Leitplanken und andere Hindernisse beim Rangieren oder Einparken zu erkennen.
- Stellen Sie den Spiegel so ein, dass Sie den Bordstein oder die Fahrbahnmarkierung direkt neben dem Lkw sehen können.
- Achten Sie darauf, dass Sie auch den Bereich unterhalb des Lkw sehen können, um zu vermeiden, dass Sie über Hindernisse fahren.
5. Risiken beim Spiegel einstellen und wie Sie diese vermeiden:
- Blindes Vertrauen auf den Spiegel: Auch bei optimaler Spiegeleinstellung bleibt ein Restrisiko. Für Pkw-Fahrende gilt: Ein Schulterblick nach rechts oder ein Seitenblick nach links ist Pflicht!
- Spiegel zu weit nach innen eingestellt: Dies verkleinert den Sichtbereich und vergrößert den toten Winkel.
- Spiegel zu weit nach außen eingestellt: Dadurch entsteht eine Lücke zwischen dem Bild im Innenspiegel und den Außenspiegeln.
- Spiegel kontrollieren: Die Spiegeleinstellung kann sich durch Erschütterungen verändern. Manchmal verstellen andere Fahrende Ihre Einstellung. Kontrollieren Sie Ihre Spiegel daher regelmäßig, insbesondere vor längeren Fahrten.
- Anpassung bei veränderter Sitzposition und Situation: Die Spiegeleinstellung ist nicht statisch. Passen Sie die Spiegel bei Bedarf an, etwa wenn Sie Ihre Sitzposition verändert.
- Fehlende Reinigung: Saubere Spiegel sind entscheidend für eine gute Sicht. Reinigen Sie Ihre Spiegel regelmäßig, insbesondere bei schlechtem Wetter.
Mehr Sicherheit durch Technik: Lösungen gegen den toten Winkel
In den vergangenen Jahren hat die Mobilitätsbranche zahlreiche Technologien entwickelt, um den toten Winkel zu minimieren. Diese Systeme können Ihnen dabei helfen, auf Fahrzeuge und andere Verkehrsteilnehmende im toten Winkel hingewiesen zu werden. Sie ersetzen jedoch nicht die Notwendigkeit, Ihre Spiegel richtig einzustellen und aufmerksam zu sein.
Ein Spurwechselassistent (oft auch Totwinkelassistent genannt) unterstützt den Fahrenden beim Wechsel eines Fahrstreifens und hilft, Unfälle zu vermeiden. Er überwacht mithilfe von Sensoren und Kameras den Bereich neben und hinter dem Fahrzeug, um andere Verkehrsteilnehmende zu erkennen, die sich im toten Winkel befinden oder sich auf dem benachbarten Fahrstreifen schnell nähern. Das System warnt die Fahrerin bzw. den Fahrer zum Beispiel visuell, haptisch oder akustisch vor einer Kollision.
Kamera-Monitor-Systeme ersetzen die herkömmlichen Außenspiegel durch Kameras und Monitore im Innenraum. Kameras können ein breiteres Sichtfeld erfassen als herkömmliche Spiegel, wodurch tote Winkel reduziert werden. Sie bieten eine verbesserte Sicht auf die Umgebung des Fahrzeugs, reduzieren tote Winkel und verbessern die Sicht bei schlechten Wetterbedingungen oder Dunkelheit. Gerade in modernen Lkw, Transportern und Bussen kommen diese Systeme immer häufiger zum Einsatz und bieten eine deutliche Verbesserung der Sicherheit. Sie haben jedoch den Nachteil, dass z. B. Radfahrende Lkw-Fahrende nicht mehr in einem Spiegel sehen können. Es gibt die alte Regel, „siehst Du die Augen von Fahrenden nicht im Spiegel, bleib zurück.“
Der Abbiegeassistent soll Unfälle verhindern – insbesondere solche, bei denen ungeschützte Verkehrsteilnehmende wie zu Fuß Gehende oder Radfahrende übersehen werden. Er ist besonders wichtig für Lkw und Busse, da diese Fahrzeuge größere tote Winkel haben und oft in städtischen Gebieten mit hohem Fußgänger- und Radverkehr unterwegs sind. Ein Abbiegeassistent nutzt in der Regel eine Kombination aus Sensoren und Kameras, um die Umgebung des Fahrzeugs zu überwachen. Erkennt das System, einen ungeschützten Verkehrsteilnehmenden im Abbiegebereich, mit dem eine Kollision droht, warnt es den Fahrenden beispielsweise visuell, haptisch oder akustisch. Seit 2024 sind Abbiegeassistenten laut EU-Verordnung für neu zugelassene Lkw und Busse über 3,5 Tonnen Pflicht.
Verkehrssicherheit beginnt im Kleinen
Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre Spiegel optimal einzustellen, und kontrollieren Sie sie regelmäßig. Nutzen Sie moderne Technologien und fahren Sie stets aufmerksam und vorausschauend. So tragen Sie aktiv zur Verkehrssicherheit bei und schützen sich und andere vor Unfällen.
Perspektivwechsel: Fabian Köster erlebt den Straßenverkehr aus der Lkw-Fahrerkabine mit Truckerin Daniela. Im Fokus stehen der tote Winkel und Tipps für mehr Sicherheit im Straßenverkehr.
Bilder: Shutterstock, Runter vom Gas, BG Verkehr, #mehrAchtung