Was Ehrenamtliche für die Verkehrssicherheit leisten

Auch die Verkehrssicherheit profitiert vom Engagement ehrenamtliche Helfende. „Runter vom Gas” hat zwei begleitet.

20. Dezember 2018
4 Minuten

Rund 15 Millionen Menschen üben in Deutschland ein Ehrenamt aus. Sie kümmern sich um Kranke, Kinder, Senioren. Sie helfen Menschen in der Not, beispielsweise nach Unfällen. Sie engagieren sich in der Verkehrsaufklärung von Schulkindern. „Runter vom Gas” hat zwei Ehrenamtler begleitet.

So wichtig ist das Ehrenamt in Deutschland

Ohne sie könnten viele Aufgaben in unserer Gesellschaft nicht wahrgenommen werden. Millionen Ehrenamtler kümmern sich um Kinder, Senioren oder um hilfsbedürftige Menschen. Allein beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) engagieren sich bundesweit rund 20.000 Frauen und Männer. Mehr als 60.000 sind es bei der Deutschen Verkehrswacht, dazu kommen Tausende Ehrenamtler bei Johannitern, Maltesern, Arbeiterwohlfahrt, Rettungsdienst, Katastrophenschutz, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und vielen Hundert weiteren Organisationen und Projekten. Diese Menschen bilden ein wichtiges Fundament unserer Gesellschaft.

Geben und Nehmen

Heidi Schulz-Pierre gehört zu den Menschen, die im Kleinen wirken und dabei Großes leisten. Die ehemalige Französischlehrerin engagiert sich in Hamburg in der Nachbarschaftshilfe des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB). Sie kümmert sich um eine 82-jährige Seniorin aus ihrem Stadtteil, macht das Leben der alten Dame lebenswerter – und sicherer. Alle zwei, drei Wochen besucht die 72-jährige Heidi Schulz-Pierre ihre verwitwete Patin Waltraud Grubert. „Wir reden viel miteinander über die Vergangenheit, blättern in alten Fotoalben oder spielen auch mal Karten“, erzählt Heidi Schulz-Pierre.

Ihre Patin ist gern zu Fuß unterwegs und unternimmt wieder häufiger Spaziergänge, mit der Nachbarschaftshelferin an ihrer Seite. „Das gibt mir Sicherheit, wenn man eine Straße überqueren oder einen abbiegenden Lastwagen abwarten muss!“, sagt Waltraud Grubert. Heidi Schulz-Pierre lacht: „Die Waltraud ist zwar gut zu Fuß, aber wenn es sein muss, hakt sie sich gern auch mal bei mir ein.“

Viele Senioren haben ähnliche Probleme. Etwas weniger als die Hälfte der in 2018 tödlich verunglückten Fußgänger (44,7 Prozent) waren mindestens 65 Jahre alt. 78 Prozent aller Fußgänger-Unfälle mit Senioren passieren, wenn diese eine Straße überqueren. Die Gründe: Hör- und Sehvermögen lassen zunehmend nach, Senioren können Abstände und Geschwindigkeiten schlechter einschätzen und sie werden oft langsamer. Je breiter und komplexer eine Straße ist, desto schwieriger ist das Überqueren für Ältere.

Auch deshalb fühlt sich Heidi Schulz-Pierre in ihrem Ehrenamt wohl: „Ich habe meinem ruhigen Rentnerleben nun wieder einen tieferen Sinn gegeben“, so die Helferin lächelnd.

Checkliste: Das können Senioren für ihre Sicherheit tun

  • Immer auf dem Gehweg bleiben.
  • Radwege und Fahrbahnen meiden.
  • Fahrbahnen am besten nur an gesicherten Übergängen mit Ampeln oder Zebrastreifen überqueren.
  • Ist kein gesicherter Übergang in der Nähe, die Straßenseite nicht diagonal, sondern zügig und direkt wechseln.
  • An Ampeln lieber warten, als auf den letzten Drücker loszugehen.
  • Bei Unsicherheit andere Passanten um Hilfe bitten.
  • Augenkontakt mit anderen Verkehrsteilnehmern aufnehmen oder Handzeichen geben, das hilft bei der Verständigung.
  • Nicht unvermittelt auf die Fahrbahn treten.
  • Kleidung oder Zubehör mit reflektierendem und fluoreszierendem Material tragen, um besser von anderen Verkehrsteilnehmern gesehen zu werden.
  • Rutschfeste Schuhe tragen, besonders im Winter.
  • Regelmäßige Arztbesuche mit Seh-/Hörtest etc.

Kinder lernen beim Investmentbanker, wie die Straße sicher überquert wird.

Der Investmentbanker Eitel Coridaß (50) hat ebenfalls ein gesellschaftlich sinnvolles Ehrenamt übernommen. Seit vier Jahren macht der Hamburger im Rahmen des Verkehrswacht-Projekts „Elternlotsen“ den Schulweg für jeweils rund 100 Erstklässler sicherer. Mit einer reflektierenden Warnweste in der Morgendämmerung bestens zu erkennen, steht Coridaß vor einem Zebrastreifen und gewährleistet, dass auch die Jüngsten hier gefahrlos die Straße überqueren. „Ich glaube, jeder sollte sich nach Möglichkeit ehrenamtlich in der Gesellschaft engagieren – schon um den eigenen Kindern ein Vorbild zu sein“, findet Verkehrshelfer Coridaß. 

Jeder ist zweimal im Monat dran

Rund 300 Erwachsene kümmern sich in Hamburg wie Eitel Coridaß als Verkehrshelfer um die Sicherung des Schulwegs. Arbeitszeit: vor Unterrichtsbeginn von 7.30 bis 8.00 Uhr. „An unserer Schule sind wir jetzt gut 30 Elternlotsen“, berichtet Coridaß. Das heißt: Jeder Elternlotse kümmert sich zweimal im Vierteljahr um die Zebrastreifensicherung und ergänzt so die Schülerlotsen. Die Kinder sollen am Zebrastreifen unbedingt anhalten und stehen bleiben, damit sie die Situation in Ruhe einschätzen können. Sie sollen links und rechts schauen und erst die Fahrbahn überqueren, wenn die Fahrzeuge aus beiden Richtungen angehalten haben oder sich aus beiden Richtungen keine Fahrzeuge mehr nähern. Beim Überqueren sollen die Kinder weiterhin mehrmals rechts und links schauen. Ebenfalls wichtig, gerade in der dunklen Jahreszeit: Kinder sollten Kleidung oder Zubehör mit reflektierendem und fluoreszierendem Material tragen, um besser gesehen zu werden.

Verkehrserziehung von Kindern – das können Eltern tun

Leider gibt es nicht an allen gefährlichen Kreuzungen im Straßenverkehr ehrenamtliche Elternlotsen. Oft genug müssen Kinder allein zurechtkommen. Eltern sollten ihren Kindern daher umsichtiges Verhalten im Straßenverkehr beibringen und sie auf bestimmte Situationen vorbereiten, um das Unfallrisiko zu minimieren. Folgende Maßnahmen bieten sich an:

  • Beginnen Sie möglichst früh mit der Verkehrserziehung und nicht erst, wenn Ihr Kind allein zur Schule geht oder radelt.
  • Leben Sie korrektes Verhalten vor, seien Sie stets und auch unter Zeitdruck ein Vorbild.
  • Trainieren Sie den Schulweg und Gefahrensituationen.
  • Achten Sie darauf, dass Ihr Kind beim Fahrrad fahren einen gut sitzenden Helm trägt (Link zu den Artikeln Kinder/Radfahren, Teil 1 und 2).
  • Achten Sie besonders bei Dämmerung und Dunkelheit darauf, dass Kinder Kleidung oder Zubehör mit reflektierenden und fluoreszierenden Materialien tragen. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran.

Elternlotsen sind keine Polizisten

Elternlotsen dürfen nicht hoheitlich in den Straßenverkehr eingreifen, sie sind keine Polizisten. Verkehrswacht-Geschäftsführer Sebastian Ulrich (38): „Die Lotsen sollten die Straße nicht einfach für die Kinder sperren, damit diese ohne zu schauen auf die andere Seite laufen können. Sie sollen die Kleinen für die Situation am Zebrastreifen sensibilisieren – erklären und genau hinschauen!“ Damit die Kinder etwas lernen und auch allein die Straße überqueren können, sicher zur Schule und wieder nach Hause kommen.

Auch Interesse am Ehrenamt?

Haben Sie Lust bekommen etwas Nützliches für die Gesellschaft zu tun? Können auch Sie sich eine ehrenamtliche Arbeit vorstellen? Infos dazu gibt es in allen Rathäusern und Gemeindeämtern, bei Vereinen und Hilfsorganisationen. Egal, ob Sie eine halbe Stunde im Monat entbehren können oder Ihren Jahresurlaub – Ihre helfende Hand wird gern genommen.

Ehrenamtliches Engagement ist in vielen Projekten und Organisationen möglich – hier eine kleine Auswahl:

Bilder: ADAC